Am Längsten lebe Israel!
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Am längsten lebe Israel! Warum Solidarität mit Israel für Linke eine Selbstverständlichkeit sein müsste
Flugblatt
Antisemitismus und Antizionismus (Antiisraelismus) sind nationaler, vielleicht inzwischen globaler Kitt
zwischen kapitalistisch vergesellschafteten Subjekten. Der offen geäußerte ideologische Wahn, der
jüdische Menschen anstatt ökonomische, politische oder kulturelle Herrschaftsstrukturen bekämpft, ist
mitunter, zuvörderst durch die Shoa, doch etwas prekär geworden. Viel lieber beruft man sich inzwischen
auf die Politik Israels gegen die PalästinenserInnen und halluziniert z.T. gar deren bevorstehende
Vernichtung. Innerhalb der EU wird nicht etwa Deutschlands Ambition auf einen Sitz im Weltsicherheitsrat
der UNO als größte derzeitige Gefahr für den Weltfrieden angesehen, sondern Israel (vgl. EU-Studie)[1].
Es läuft bereits einiges schief, wenn antisemitische Selbstmordattentate höchstens als falsche Mittel
kritisiert werden statt als barbarische Zwecke, die ausschließlich darauf zielen, möglichst viele Jüdinnen
und Juden zu ermorden - der Antizionismus aber als akzeptable ideologische Haltung gilt. Zu fragen ist,
warum nicht nur die UNO-Resolutionen, sondern auch die Haltung vieler Staaten und breiter Teile von
deren Bevölkerungen so oft gegen Israel gerichtet sind – und nicht etwa gegen Marokko
(Westsaharakonflikt), den Sudan, den Iran oder, wenn einem „die Palästinenser“ angeblich schon so am
Herzen liegen, gegen den Libanon, Jordanien und nicht zu vergessen die Palästinensische
Autonomiebehörde und die palästinensischen Terrorgruppen, die alle die Ermordung einer hohen Zahl von
PalästinenserInnen auf dem Gewissen haben, oder Saudi-Arabien, Syrien und Ägypten, die diesen die
Einreise verweigern. Nicht nur gegen NS-Vergleiche oder klassisch antisemitische Assoziationen von
JüdInnen mit „Banken und Börsen“ oder angeblicher „globaler Macht“, die durchaus ebenfalls immer noch
up to date sind, besteht Grund zur Kritik, sondern auch, wenn die Gewalt bürgerlicher Nationalstaaten allein
auf Israel projiziert und gerade hier kritisiert wird.
Warum Antizionismus Antisemitismus ist
Der von linken wie rechten politischen Gruppen vertretene Zionismus, der die Konzeption eines jüdischen
Nationalstaats forderte, war eine Antwort auf das Scheitern der jüdischen Emanzipation am europäischen
Antisemitismus[2], der sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer häufiger in Pogromen äußerte.
Mit der historisch singulären deutschen Tat, der planmäßigen Vernichtung des Großteils der europäischen
Jüdinnen und Juden, hat sich diese Antwort auf den Antisemitismus zu spät als historisch angemessen
erwiesen. Für diejenigen, für die die Shoa nur irgendein „Genozid“ ist und der Nationalsozialismus eine
beliebige „Diktatur“, ist dies natürlich nicht begreifbar. In einer nationalstaatlich verfassten kapitalistischen
Welt gelten Leute ohne Staatsbürgerschaft als solche nichts.[3] JüdInnen und Juden aber wurden und
werden von AntisemitInnen als StaatsbürgerInnen nicht anerkannt, sondern angegriffen und mit dem Tod
bedroht. Bereits einmal fielen sie zu Millionen der Vernichtungspolitik des deutsch-völkischen
Antisemitismus zum Opfer. Und genau deshalb ist der Staat Israel zu einer historischen Notwendigkeit
geworden – nicht aufgrund seines Charakters als Nationalstaat, sondern als Schutz vor Antisemitismus.
Der Staat Israel erlaubt die Verteidigung der, d.h. per Definition als jüdischer Staat potentiell aller Jüdinnen
und Juden gegen Antisemitismus. Wenn der moderne Antisemitismus letztlich auf der Form kapitalistischer
und (völkischer) nationalstaatlicher Vergesellschaftung basiert, dann werden seine Vernichtungspotenziale
so lange bestehen, solange jene Vergesellschaftung besteht – und so lange ist die Existenz des Staates
Israel eine Notwendigkeit. Antizionismus (nicht Nicht-Zionismus) ist dem gegenüber ein Angriff auf diese
Verteidigungsmöglichkeit gegen Antisemitismus. Dies trifft auch dann zu, wenn der Antizionismus den
Zionismus nicht wahnhaft als „globale Verschwörung“ statt historisch wohlbegründete und politisch
differenzierte jüdische Nationalbewegung konstruiert und damit seinen Antisemitismus offen eingesteht.
Sondern auch, wenn direkt oder im Effekt das Existenzrecht Israels bestritten wird. Ein Ende des
israelischen Staates unter heutigen Bedingungen in Nahost schlösse die Vernichtung einer Unzahl von
Jüdinnen und Juden durch ihre antisemitischen GegnerInnen ein.
Heute sind Jüdinnen und Juden nicht nur in Europa und der Welt, sondern auch in Israel täglich vom
Antisemitismus islamistischer oder panarabistischer Organisationen bedroht. Diese fordern zum Großteil
offen die Vernichtung des Staates Israel und der antisemitisch stereotypisierten Jüdinnen und Juden und
setzen diese soweit möglich in die Tat um. Dieser Antisemitismus ist schon aus dem prinzipiellen Grund,
dass wahnhaft antisemitische Projektionen keinen Deut mit den realen Handlungen jüdischer und
israelischer Menschen – und auch nicht mit dem israelischen Militär – zu tun haben, mitnichten Effekt der
Gründung des israelischen Nationalstaats (1948) oder israelischer Politik. Er tritt vielmehr spätestens seit
den antijüdischen Pogromen in Hebron 1929, der Kollaboration arabischer politischer Kräfte mit dem
nationalsozialistischen Deutschland und dem Angriff arabischer Staaten zur Verhinderung der israelischen
Staatsgründung 1948, der unter dem Motto „Treibt die Juden ins Meer!“ stand, offen zutage.[4]
Wesentliches Moment islamistischer und arabisch/ palästinensisch nationalistischer Konstruktion von „Volk“
bzw. „umma“ ist heute der in arabischen Staaten und der palästinensischen Gesellschaft von Libyen bis
Ägypten, von Hamas bis Fatah politisch hegemoniale Antisemitismus und Antizionismus.[5] Zumindest für
emanzipatorische, linke Politik müsste mehr noch als die Kritik nationaler Befreiung die Kritik
völkisch-antisemitischer Bewegungen eine Selbstverständlichkeit sein.
Nationale Befreiungsbewegungen[6] müssten schon prinzipiell Anlass linker Kritik sein; sind doch Volk und
Nation Formen kapitalistischer Vergesellschaftung, nicht Ansätze zu deren Überwindung. Gab es in
manchen Befreiungsbewegungen auch sozialrevolutionäre oder wenigstens republikanische Komponenten,
so dominiert in Palästina heute die Gewalt völkisch-nationaler und antisemitischer Kollektivität[7].
Was bedeutet Solidarität mit Israel?
Solidarität mit Israel meint die Kritik und Bekämpfung jedes Antisemitismus, auch wenn er als
Antizionismus auftritt. Sie meint nicht eine bevormundende und besonders für Angehörige der deutschen
Tätergesellschaft höchstproblematische Identifikation mit JüdInnen oder Israel. Und schon gar nicht die
philosemitische Projektion irgendwelcher „guter“ Eigenschaften auf diese, die nur die Wertung ändert, die
antisemitische Projektion aber beibehält.[8] Solidarität mit Israel ist das unbedingte Eintreten für die von
Antisemitismus bedrohten JüdInnen[9] und für den israelischen Staat. Letzteres, weil er a) Effekt in erster
Linie der Shoa ist, in zweiter des Scheiterns jüdischer Emanzipation insbesondere in Europa, b) indem er
potentieller Zufluchtsort für alle von Antisemitismus verfolgten JüdInnen weltweit ist und c) insofern er diese
vor Antisemitismus verteidigt/ schützt, heute etwa gegen den islamistischen und arabisch-nationalistischen
Antisemitismus. Das impliziert nicht die Affirmation jeder konkreten Politik der jeweiligen israelischen
Regierung – weil diese Solidarität als Solidarität mit von Antisemitismus bedrohten Menschen völlig
unabhängig von jeder Regierung Israels ist. Eine Kritik der jeweiligen Mittel israelischer Politik oder auch
politischer und sozialer Diskriminierungen, unter denen PalästinenserInnen auch in und durch Israel leiden,
ist völlig legitim – allerdings sollte man stutzig werden, wenn dies als wesentlichstes Problem des
Nahostkonfliktes betrachtet wird, und nicht Islamismus, Antisemitismus und Repression in arabischen
Staaten und den palästinensischen Gebieten.
Wider die Geopolitik der „Völker“ und „Kulturen“
Wie aber lassen sich die Affinität deutscher und „kerneuropäischer“ Politik zu antisemitischen Staaten und
Gruppen, die appeasement-Politik gegenüber islamistischem Terror (Iran, Hizbollah), die politischen und
ökonomischen Bündnisse mit Libyen und Syrien oder die finanzielle und politische Unterstützung der
palästinensischen Autonomiebehörde, erklären? Die besonders von Deutschland und Frankreich
angestrebte scheinbar multilateralistische Hegemoniepolitik soll auch politisch den Aufbau politischer und
militärischer europäischer Organisationsstrukturen und Bündnisse in Konkurrenz zu den USA
voranbringen. Dass die Gesprächpartner des sog. „Dialogs der Kulturen“ brutale Diktaturen sind, dass mit
„Kultur“ meist repressive, sexistische herrschende Ideologie gemeint ist, stört dabei nicht – sie ist sogar
weit willkommener als emanzipatorische Tendenzen.
Diese Politik einiger europäischer Staaten ist zumindest im Effekt präventive Konterrevolution. Den
Menschen in der Peripherie winkt das Versprechen, für die Zustimmung zur kulturalistischen
Elendsverwaltung mit der Freigabe des Ressentiments gegen Reichtum und Glück belohnt zu werden, das
im Antisemitismus projektiv seine mörderischste Ausprägung findet. Die historische und ideologische
Affinität bes. Deutschlands zu völkisch-antisemitischen Bewegungen dürfte dabei zusätzlich eine Rolle
spielen. Selbiges verrät sich etwa mit der Berufung auf die „Rechte der Völker/ Volksgruppen“, die nicht nur
eine entscheidende Rolle bei der Zerschlagung Jugoslawiens spielte. Gegenüber Israel überwiegen
Bevormundungsversuche des großen europäischen Bruders oder gar des ideologisch als „ehrlicher Makler“
verbrämten Deutschland, die dessen Verteidigung gegen Antisemitismus angreifen.
Da die politische Macht Deutsch-Kerneuropas z.Z. kaum erlaubt, offensiv gegen die relative politische
Kooperation der USA mit Israel vorzugehen, werden politisch-ideologische Fronten eröffnet.[10] So etwa
über die UNO[11], die sich zur Bekämpfung des Antisemitismus noch nie genötigt sah, keinen Staat aber
so oft in Resolutionen verurteilt hat wie ausgerechnet Israel. Die „KritikerInnen“ Israels machen sich dabei
zu nützlichen oder willigen IdiotInnen der deutsch/ kerneuropäischen Interessen. Schlimmer noch ist, dass
bezüglich geopolitischer Fragen nicht allein das Völkerrecht und damit erneut die Gewalt bürgerlicher
Nationalstaaten, die dieses allein durchsetzen kann, angerufen, sondern deutsch/ kerneuropäische
Volksgruppenpolitik reartikuliert wird: In der Überhöhung der „Völker“, die doch nur die durch Zwang und
Ideologie des jeweiligen Staates unterworfene Masse sind, zum fröhlichen Pluralismus ideologisch
überhöhter „Völker und Kulturen“.
Konkretisiert bedeutet Solidarität mit Israel, jeden verbalen oder praktischen antisemitischen Angriff auf
JüdInnen und den Staat Israel zu kritisieren und zu bekämpfen. Dies impliziert notwendig eine Kritik der
insb. deutsch/ kerneuropäischen Hegemoniepolitik, die die Bevormundung Israels und appeasement
gegenüber antisemitischen Bewegungen und Staaten und z.T. auch deren offene Unterstützung
einschließt. Das impliziert auch eine uneingeschränkte Bekämpfung des Islamismus und antisemitischen
Nationalismus. Bitter nötig wäre eine emanzipatorische kosmopolitische Bewegung, die umfassende
Herrschaftskritik und besonders die Kritik regressiver politischer Kräfte wie Islamismus und völkischem
Nationalismus betreibt. Dazu müssten revolutionäre Praktiken entwickelt werden, die die Abschaffung der
Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse zum Ziel haben: Die Abschaffung von Ware, Geld, Kapital,
bürgerlichem Recht und Staat, Nation, Volk, naturalisierter Rasse/ Kultur und
patriarchal-heterosexistischem Geschlecht, die auch Bedingungen des Antisemitismus sind.
http://www.bgaa.net
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[1] So in der EUMC(=European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia)-Studie von 59% der
EU-BürgerInnen. Zur Studie vgl. http://antisemitismus.net/europa/eu-studie.htm
[2] Mit modernem Antisemitismus ist nicht primär religiös begründeter Judenhass gemeint. Gemeint ist die
Projektion bürgerlich-kapitalistischer Elemente, von Geld/ Zins, Intellekt, staatlicher Gewalt, globaler
„Macht“ auf JüdInnen, ZionistInnen und Israel. Von daher hat selbst der radikalste Islamismus kein Problem
damit, religiöse Toleranz auch für Menschen jüdischen Glaubens zu predigen.
[3] Vgl. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, München 1986.
[4] Ein Beispiel ist der Mufti von Jerusalem, der, von Hitler hofiert, 1948 Präsident der palästinensischen
Exilregierung wurde. Vgl. z.B. Matthias Küntzel, Djihad und Judenhaß, Freiburg 2002, s. auch
www.matthiaskuentzel.de. Zur Gründung des Staates Israel vgl. Michael Krupp, Die Geschichte des
Staates Israel, Gütersloh 1999.
[5] Insb. wegen dieser Hegemonie sind auch Forderungen nach einem völkisch-rassistisch begründeten
prinzipiellen „Rückkehrrecht“ palästinensischer Flüchtlinge, das das Ende des Staates Israel bedeuten
würde, abzulehnen.
[6] Vgl. gruppe demontage: Postfordistische Guerilla. Vom Mythos nationaler Befreiung, Münster 1999.
[7] So fordert nicht nur die „Charta der Hamas“ (vgl. etwa www.hagalil.com/archiv/2003/08/hamas.htm) die
Vernichtung Israels und jüdischer Menschen; die Politik der Fatah oder der PFLP unterscheidet sich von
jener nicht prinzipiell.
[8] Ähnlich wie bei „positivem Rassismus“, dem etwa der „Neger“ so ursprünglich und natürlich (der
„negative“ Rassist sagt dazu: „unzivilisiert“) scheint.
[9] Unbedingt, wie auch antirassistische Kritik nicht davon abhängt, ob rassistisch diskriminierte oder
angegriffene Menschen IslamistInnen oder Linke sind.
[10] Die als worst case scenario eine UN-Intervention in Nahost, schlimmstenfalls mit deutscher
Beteiligung, zumindest möglich erscheinen lassen und bereits gefordert wurden. Ausgerechnet der
deutsche Kanzler Schröder äußerte im April 2002 den Vorschlag, Deutschland solle sich an einer
„Friedensmission“ in Nahost beteiligen.
[11] Vgl. etwa konkret 6/ 2004, S. 14ff.
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